
Als ich 2016 als Aupair nach Australien ging und bei einer Familie in Brisbane mit 2 Kindern, 1,5 und 6 Jahre arbeitete, staunte ich nicht schlecht, dass mein Aupair Kind bereits in Klasse 1 ein Ipad mit zur Schule nahm.
Jetzt mag vielleicht jemand von uns denken, dass sie das Ipad dann in der Schule auf keinen Fall aus der Schultasche nehmen dürfe, aber das Gegenteil war der Fall. Jedes Kind in der Schule hatte täglich das eigene Ipad dabei, um damit in der Schule zu arbeiten. Anstatt die Mediennutzung, wie hier zulande, fast schon zu verteufeln, gilt es in Australien (und das schon im März 2016) den Umgang mit den digitalen Medien und der Technik bereits ab Klasse 0 (preschool) zu begreifen und die Geräte zum spielerischen Lernen zu nutzen.
So musste mein Aupair Kind zum Beispiel als erste Aufgabe sich eine E-mail Adresse einrichten, sich im Appstore anmelden und diverse Apps runterladen. Es war immer darauf zu achten, dass das Kind das alles selbstständig mit Anleitung und in Begleitung von Erwachsenen macht. Als Hausaufgabe sollten, neben Spielen in den Lernapps, Fotos und Video von Gegenständen oder Personen gemacht werden, daraus Collagen erstellt werden und später diese in eine Keynote Präsentationen oder in anderen Apps vor der Klasse am White bzw. Active Board vorzustellen. Themen waren dabei, meine Familie, mein Lieblingsessen, Experimente etc. Einmal recherchierten wir gemeinsam, zum Thema „die Welt“, stundenlang über Deutschland. Über Safari gelangten wir zu Bildern wie z.B. der Flagge, Fotos und Videos zum Oktoberfest. So erfuhren wir etwas über die Kultur, die Menschen und mein Aupair Kind stellte mir immer weitere Fragen. Voller Stolz präsentierte sie vor der ganzen Klasse das Thema Deutschland und zeigte, dass sie sich mit dem Thema wirklich sehr beschäftigt hatte.
Ja, sie haben richtig gelesen, das alles machten SchülerInnen bereits in den ersten paar Monaten vom neuen ersten Schuljahr, denn Schulanfang in Australien ist Mitte Januar.

Australien ist aber nicht erst seitdem es das Ipad oder das Internet gibt Vorreiter des digitalen Unterrichts. Bereits 1951 wurde für die Kinder im Outback eine auf der Welt einmalige Einrichtung gegründet die: “School of the Air“.
Diese spezielle Art von Schule ist für Kinder gedacht, die weit außerhalb der Städte auf den Farmen leben und für die der Besuch einer Schule in der Stadt häufig eine ganze Tagesreise bedeuten würde.
Den SchülerInnen der School of the Air wurde früher der Unterricht per Funk und heute per Internet erteilt. Die Kinder übermitteln ihre Antworten, Fragen und anderen Beiträge über die neuen Kommunikationsdienste. Wie in einer Art Fernuniversität können die Eltern regelmäßige in der nächstgelegenen Stadt auf der Post die Unterrichtsmaterialien, wie Arbeitshefte, Bücher etc. abholen. Per Post oder online werden auch Aufsätze, Hausaufgaben oder Prüfungen übermittelt.
Die School of Air gibt es seit 1951. Das sind 70 Jahre! Seit 70 Jahren funktioniert dieses System also schon in anderen Ländern. Wieso funktioniert es im 21. Jahrhundert in Zeiten von Corona nicht auch in Deutschland? – wo doch die meisten Erwachsenen von uns täglich Programme wie Zoom, Teams, Webex, Facetime, Voicechat benutzen. Noch dazu erstellen wir Excel Listen, Worddokumente Powerpoints… verfassen Emails und sind auch sonst digital unterwegs.
Warum sollten die Kinder von heute diese Programme nicht von klein auf bereits spielerisch beherrschen lernen?
Warum trauen wir unseren Kindern nicht zu, dass ein System ähnlich wie School of Air auch in Deutschland funktionieren könnte ?
Weil unsere Kultusministerien zwanghaft an einem völlig veralteten Präsenzunterricht festhalten.
Wir könnten es doch besser.